Wilding, Ludwig

10 Jahre – 62 Ausstellungen

 

wilding

Stereoskopie und Scheinbewegung  20. März bis 17. April  2011

Pressestimmen: 

Harburger Anzeigen und Nachrichten 17.03.2011   http://www.han-online.de/Kultur/article67237/Scheinbewegungen-als-Beleg-fuer-die-Freiheit-der-Kunst.html   Hamburger Abendblatt Regional 17.03.2011  ePaper_HA_17.03.2011_Regional_3[1] 

bild von wilding

 

 

 

 

 

 

 

 

 

http://www.konkretekunst-design.de/Kuenstler_und_Designer/Eintrage/2007/5/20_Ludwig_Wilding.html

Texte Ludwig Wilding

Objekte mit komplexer Scheinbewegung (SBST 1993)

Die früheren Arbeiten mit Scheinbewegung sind relativ flach und elementar. Nun entsteht die Überlegung, die alte Idee der Scheinbewegung zu überdenken und mit vielfältigen Abwinkelungen der Raster neue Art von Bewegung (z.B. die kreisförmige) hervorzurufen. Es folgen viele Experimente mit neuen Rastern, die eine ganze Serie von Objekten mit komplexer Scheinbewegung hervorbringen.

Der große Wurf. Entdeckung der stereoskopischen Linien-Interferenz (STI 1974/75)

In den früheren Objekten mit Scheinbewegung zeigte sich, dass bei der Überlagerung von Linien Raumwirkungen von der Basis aus nach hinten simuliert werden können. Mindestens ebenso interessant ist die Raumwirkung von der Basis aus nach vorne in den Raum, in dem wir uns selbst befinden. Durch einen Zufall wurde diese Möglichkeit entdeckt, die auf der Überlagerung von Linien in verschiedenen Frequenzen beruht. Mit diesen Erkenntnissen wurden die (weltweit) ersten stereoskopischen Bilder und Wandobjekte konstruiert, die weder eine Brille noch irgendein anderes optisches Gerät benötigen. Die Technik ist ähnlich wie bei den großen Werken mit Scheinbewegung, nur dass bei den stereoskopischen Objekten die hintere Ebene als leichtes Relief ausgearbeitet werden muss. Für die vordere Ebene werden zunächst schwarze Gummibänder, später Plexiglas eingesetzt.

Objekte mit scheinbarer Rollbewegung (RB 2000)

Diese Werkgruppe ist ein Beispiel dafür, wie eine Idee eine neue hervorbringen kann. Die Überlegung ist, die gestreiften Rundungen der Anamorphosen scheinbar in Bewegung zu versetzen. Ein Versuch bringt eine überraschende Lösung: Die mit Interferenzstreifen versehenen Rundungen zeigen bei entsprechender Anordnung eine deutliche Rollbewegung. Die Walzen können gegensätzlich in scheinbare Bewegung versetzt werden, sowohl waagrecht als auch senkrecht. So erfolgt gewissermaßen eine räumliche Bewegung, die die Idee der Scheinbewegung durch Linien-Interferenz wesentlich erweitert.

Nach über 40 Jahren Schwarz-Weiß Gestaltung in Farbe (2004)

Nachdem in der bisherigen Arbeit die wichtigsten Phänomene der visuellen Wahrnehmung in Kunst umgesetzt und dabei sogar neue Phänomene entdeckt wurden, kam er Zeitpunkt, etwas Neues zu wagen. Über die lange Zeit der Reduktion auf Schwarz-Weiß ist immer eine Art Sehnsucht nach Farbe aufgekommen und das Gefühl, vielleicht doch etwas versäumt zu haben. Die Zeit war reif für einen weiteren radikalen Schnitt. Das Grundprinzip der Relativität sollte aber auch bei den farbigen Versuchen gelten. Veränderung der Farbe durch die Bewegung des Betrachters vor dem Objekt.

Allgemeine Entwicklung

In einem künstlerischen Werk sollte der Prozess der Entwicklung im Rückblick sehr gut nachvollziehbar sein. In den meisten Biografien wird nur über die bekannten Meisterwerke berichtet, zurück zu den Wurzeln geht man fast nie. Dabei ist sicher für viele Kunstliebhaber sehr interessant zu erfahren, wie sich ein Künstler entwickelt, und zwar von Anfang an. Schon sehr früh kam meine Begabung zum Vorschein, ausgelöst durch ein Vorbild aus meiner Verwandtschaft. Ich erinnere mich noch an meine ersten Zeichnungen (ein Christuskopf mit Dornenkrone), die ich mit etwa 10-12 Jahren gemacht habe und auf die ich sehr stolz war. Sie stand jahrelang in Gold gerahmt auf meinem Nachttisch. So zeichnete und illustrierte ich eigentlich ständig in irgendeiner Form (ich erinnere mich, dass ich auf den Einband eines Karl May Romans alle Figuren zeichnete, die in dem Roman vorkamen). Mit 10 Jahren bekam ich Geigenstunden, die ich mir sehnlichst gewünscht hatte. Ich las alles, was mir in die Finger kam und so entwickelte sich aus all diesem die Liebe zur Kunst. Es stand schon früh fest, dass ich in dieser Richtung später einmal tätig sein würde. Ich begann Temperabilder zu malen und später auch Aquarelle und so zeichnete sich immer mehr ab, dass ich einmal den Beruf des „Kunstmalers“ ausüben würde. Ich malte und zeichnete auch während der Zeit, in der ich größtenteils in Uniform war (von 15-18) und rettete mich damit sogar 1945 vor der amerikanischen Gefangenschaft. Das Kriegsende war die große Befreiung und es kamen über Nacht alle Informationen auf mich eingestürzt über die internationale Entwicklung der modernen Kunst. Ich war erstaunt und die Augen wurden mir geöffnet. Ich begann eifrig nach den berühmten Vorbildern modern zu malen und durchlief im Laufe der nächsten Jahre alle Stile; von der Höhlenmalerei, der Kunst des Mittelalters, der Romantik (Spitzweg), über Kubismus, Konstruktivismus, Expressionismus, Impressionismus, gegenstandslose Malerei (ich studierte bei Willi Baumeister), Tachismus und Informel. Ich tat dies unbewusst, aber heute weiß ich, dass ich all dies tun musste, um es 1960 endgültig abzulegen und meine eigenen Wege zu gehen. Ausgelöst wurde die große Wende durch ein Erlebnis in Paris, wo ich feststellte, dass in vielen Galerien und Museen phantastische Brüder von mir ausstellten. Es war mir sofort klar, dass ich, wenn ich dem Rat meines klugen Lehrers Willi Baumeister folgen wollte (sucht euch ein Feld aus, auf dem noch keiner geackert hat), ich sofort mit dem bisherigen aufhören musste, um ganz von vorne anzufangen (Baumeister: Wenn ihr nicht mehr weiterwisst, geht zurück zu den Elementen). Ich hatte festgestellt, dass die Linie sich zu meiner Stärke entwickelt hatte und begann ganz elementar mit Linien zu experimentieren. Ich machte erstaunliche Entdeckungen wie die scheinbare Bewegung, später dann die stereoskopische Linien-Interferenz usw. (in vielen Schriften beschrieben). Ich musste vieles zurücklassen (auch die Farbe), aber ich hatte nun das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein und keine ausgelatschten Pfade mehr zu gehen. Von nun an arbeitete ich autodidaktisch, es gab keinerlei Vorbilder, von denen ich lernen konnte, ich musste mir alle Techniken und Gesetzmäßigkeiten selbst erarbeiten. Ich war, wie ein Forscher, vorgestoßen auf unbekanntes Gebiet; es war zwar eine Nische, in der ich mich aber gemütlich einrichtete.                         Ludwig Wilding

 Biografie

 1927 Geboren in Grünstadt (Pfalz)

2010 Gestorben in Buchholz/Nordheide

 1949-50  Studium der Kunstgeschichte

1950-52  Kunstgewerbeschule Mainz

1952-54  Kunstakademie Stuttgart

1955-67  Tätigkeit als Designer

1967-69 Lehrtätigkeit an der Hochschule  für Bildende Künste Hamburg            

1969-92 Professur an der Hochschule  für Bildende Künste Hamburg      

1999        Gründung der Gruppe  AOS (Art Of Seeing)